"We are only truly secure when we can look out our kitchen window and see our food growing and our friends working nearby."
(Bill Mollison)
"(Reisen) wie einer, der ein Land
nicht als Solarium begreift,
sondern als Territorium,
dessen Einwohner ihm etwas beibringen,
über sich, über ihn, über den Stand der Dinge."
(Andreas Altman, Reisen durch einen einsamen Kontinent)

jueves, 9 de agosto de 2012

Bogota zum Zweiten

Wie immer fällte der Abschied schwer aber dieses Mal war es besonders hart. In der Comuna de Rhiannon habe ich nicht nur einen paradisischen Ort gefunden, sondern auch eine zweite Familie, und so fällt aufwiedersehen sagen natürlich nicht leicht. Aber eins steht fest: I'll be back, ich komme wieder!
Mit einem Zwischenstopp in Quito und Popayan bin ich dann zum zweiten Mal in Bogota gelandet. Zum Glück empfieng mich Karla wieder mit offenen Armen und so bedeutete der Abschied von Ecuador auch ein Wiedersehen mit einer Freundin.
Ein bisschen Kulturgeschockt war ich ja schon, nach 2 Monaten ländlichem Ecuador wird man von der 8 Millionen-Stadt Bogota ziemlich überwältigt. Der Verkehr, die Abgase, die Menschenmenge und das Elend, das überall auf der Strasse sichtbar ist. Und Kolumbien ist halt trotz allen guten Seiten, die das Land mittlerweilen hat, nicht die Schweiz und es passieren Sachen die wir uns nicht im Traum vorstellen. Karlas Bruder, 22jährig sass gerade über einen Monat unschuldig im Gefängnis. Er wurde angeklagt einen Mann erschossen zu haben und die Gegenseite hatte sogar einen Falschzeugen organisiert, der aussagte dass er ihn bei der Tat gesehen hatte, alles erstunken und erlogen! Schlussendlich fand man durch eine DNA Probe heraus, dass das alles so gar nicht stimmen kann. Karlas Familie hatte also nochmal Glück gehabt aber ein wieterer Beweis dafür, dass in einem so korrupten Land, jeder der genug Geld hat, machen kann was er will.  Bitterer Nachgeschmack der ganzen Geschichte, Karlas Bruder wurde zwar freigesprochen, kann nun aber das Haus nicht verlassen weil er sonst Gefahr läuft umgebracht zu werden. Der Fall war in Kolumbien so gross in der Presse vertreten, dass ihn nun jeder auf der Strasse erkennt.
Auf dem Nachhauseweg vom Abendessen im Zentrum dann das nächste Ereignis. Wir halten an einer roten Ampel, da sehen wir eine Gestalt ums Auto schleichen, hören ein komisches Schleifgeräusch und zuhause stellen wir fest, dass an Karlas Auto eine Gummiabdeckung vom Dach fehlt. Deshalb halten viele Menschen nicht an roten Ampeln, weil man dann nie weiss, was danach am Auto fehlt! Ok, es ist natürlich nicht in der ganzen Stadt so, aber die calle 19 (eine der Hauptverkehrsachsen im Zentrum), erklärt Karla, sei berüchtigt dafür.
Am nächsten Tag ist Stadtfeiertag in Bogota und so beschliessen wir raus zu fahren, zu einem Picknick. Wir sind natürlich nicht die einzigen, denn wie in vielen Ländern ziehts die Menschen an Feiertagen ins Grüne. Die Überlandstrasse ist dicht befahren, und so schlängeln wir in einer Kolonne durch die grünen Hügel. Eine Stunde verstreicht und die Häuser werden endlich weniger. Irgendwo halten wir an und breiten uns auf einer Wise aus, die zwar eingezäunt ist, aber hier nimmt mans nicht so genau. Während wir unsere Brote streichen, fängts dann plötzlich zu tröpfeln an, schlechtes Timing! Aber ein bisschen aushalten, ein bisschen so tun wie nichts wäre und schon bald drückte die Sonne durch die Wolken und ein strahlender Nachmittag stand uns bevor.
Später gesellt sich noch eine Kolumbianische zu uns auf die Wiese mit und Hund Kegel. Die Kinder lassen Drachen steigen, eine beliebte Beschäftigung hier. So liegen wir im Gras, schauen den tanzenden Drachen zu, und versuchen Dinge in den vorbeiziehenden Wolken zu entdecken. Herrlich, die Vögel zwitschern und die Luft ist erfrischend sauber hier draussen.


Fotos: Daniel Dobleu
Als wir zurückfahren wollen, die nächste Überraschung: Die Autobatterie hat sich entladen, wir haben vergessen das Licht auszuschalten. Ein Hin und Her, ein bisschen schieben und versuchen durch rollen den Motor einzuschalten. Bringt nichts. Wir halten ein vorbeifahrenden Polizisten an und bitten ihn um Hilfe, ein Hin und Her, der Polizist hält ein Auto an, wir überbrücken. Bringt nichts. Der Polizist fährt weiter und rät uns ledeglich den servicio anzurufen, na Danke schön! Wieder ein bisschen schieben und nochmal probieren, bringt immer noch nichts. Wir versuchen ein weiteres Auto anzuhalten und fuchteln mit den Kabel am Strassenrand herum. Entgegen der üblichen Kolumbianischen Hilfsbereitschaft hält keiner, und an einem Feiertag auf einer Landstrasse fahren nicht gerade wenige Autos vorbei. Doch die Leute lächeln bloss oder winken uns zu. Dann doch, endlich, jemand hat Erbarmen, vier Frauem mit lustigen Hüten und einem Hund halten an. Die Kabel werden verbunden, es wird aufs Gas gedrückt und siehe da, juheee, unser Motor schnurrt wie ein Kätzchen. Unter erleichtertem Gelache machen wir uns auf den Rückweg, den Berg wieder hinunter, an den grünen Hügeln vorbei, zurück in die Stadt, zu den Betonblöcken und Abgaswolken.

Bogota war wieder, wie schon letztes Mal, schön, spannend und hässlich zugleich. Alles auf einmal und alles irgendwie extrem. Und wieder bin ich dankbar, dafür zum Beispiel, dass man bei uns ohne Sorge an roten Ampeln halten kann und in der Regel keine unschuldigen 22 Jährigen als Mörder angeklagt werden.


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